Warum in die Ferne schweifen: Auch wenn das neunstöckige Gebäude des Berufsförderungswerks (BFW) München in Kirchseeon kaum zu übersehen ist, wusste Karl-Heinz Preuß nicht, was sich hinter den Mauern verbirgt. Einem glücklichen Zufall verdankt der 31jährige seine Umschulung zum Bautechniker im BFW. Ein Nachbar gab ihm den Tipp, einen der Infotage zu besuchen. „Ich wohne ja in Kirchseeon und kannte das Gebäude, wusste aber nichts über das konkrete Angebot,“ so Karl-Heinz Preuß.
Nach über einem Jahr krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit musste er sich beruflich neu orientieren. Nach dem Realschulabschluss hatte der gebürtige Münchener zunächst eine Ausbildung zum Maler und Lackierer gemacht und mehr als drei Jahre in dem Beruf gearbeitet. Doch dann kamen die Schmerzen. „In jeder Hand einen vollen Farbeimer zu tragen war nicht mehr möglich“, erinnert er sich. Die Ärzte diagnostizierten eine Wirbelsäulenschiefstellung und einen Bandscheibenvorfall.
Von der Agentur für Arbeit Freising erhielt Karl-Heinz Preuß einen Bildungsgutschein. Aufgrund seiner handwerklichen Ausbildung wollte er zunächst den Beruf des Bauzeichners lernen. Doch die Ausbilder der Fachschule für Bautechnik im BFW ermutigten ihn dazu, sich für die anspruchsvollere Ausbildung zum Staatlich geprüften Bautechniker zu entscheiden. Diese sogenannte Aufstiegsweiterbildung dauert 24 Monate und entspricht dem Niveau eines Bachelor-Abschlusses.
Die ersten Monate waren für den 31jährigen nicht leicht: „Ich habe mich anfangs schwergetan. Die anderen in meiner Klasse haben schon mehr Vorkenntnisse und Erfahrungen mitgebracht, da sie alle aus dem Bauhauptgewerbe kamen, also z.B. gelernte Maurer oder Zimmerer waren.“ Nach einigen Wochen legte sich die anfängliche Unsicherheit. Die Kursteilnehmer unterstützten sich gegenseitig, lernten teilweise gemeinsam: „Die Klasse war super!“, so das Fazit von Karl-Heinz Preuß.
Ein Bestandteil der Bautechniker-Ausbildung ist ein dreiwöchiges Praktikum im zweiten Schuljahr, das die Teilnehmer bei einem selbst gewählten Arbeitgeber absolvieren, beispielsweise in einem Planungsbüro, Bauunternehmen oder in der öffentlichen Verwaltung. Hierbei wird das erlernte Fachwissen vertieft. Gleichzeitig dient das Praktikum als Türöffner für das spätere Berufsleben. So auch bei Karl-Heinz Preuß: Sein Praktikum machte er bei der X3 Architekten GmbH in Markt Schwaben und wurde direkt an im Anschluss an die Abschlussprüfung im März 2020 fest angestellt.
In dem elfköpfigen Team ist er für Ausschreibung und Vergabe zuständig und unterstützt die Bauleiter. Neben der Arbeit am Schreibtisch ist er häufig auf den Baustellen unterwegs, sein Chef lernt ihn als Bauleiter an. Die Ausbildung im BFW hat einen guten Grundstein gelegt für ein solides Fundament für die Zukunft.